Mostly Printed CNC “Primo” Teil 2

Im ersten Teil ging es um den 3D-Druck der Teile, die für die Mostly Printed CNC (MPCNC) notwendig sind. Die Anzahl und Art der Teile ist dabei völlig unabhängig von den angestrebten Größe der Fräse. In Teil 2 meiner Serie möchte ich mich mit der Größe der Fräse und der Materialbeschaffung beschäftigen.

Als Größe für dem Arbeitsbereich der Fräse habe ich 800 x 600 mm im Blick. Größer soll sie nicht werden, zumal die gesamte Konstruktion mit steigender Größe auch an Stabilität verliert. Freilich ist es möglich, auch größer zu bauen. Man geht dann eben Kompromisse in der Verwindungssteifigkeit ein.

Auf der Projektwebseite gibt es einen Kalkulator (https://docs.v1engineering.com/mpcnc/calculator/), mit dem man die Längen der benötigten Edelstahlrohre bestimmen kann. Zuerst setzt mal einige Vorgabewerte, z.B. ob man in mm oder Zoll die Werte berechnet haben möchte und welche Maschine man als Frässpindel einsetzen möchte. Da ich eine handgeführte Makita Kantenfräse RT0700CX2J besitze, habe ich mich in den Inputs für dieses Modell entschieden.

Die Inputs für den Calculator

Im nächsten Schritt gibt man nun die Arbeitsfläche und die gewünschte Hubhöhe der Fräse an und bekommt die Längen der Edelstahlrohre berechnet.

Mit diesen Maßen kann man sich im gut sortierten Fachhandel Edelstahlrohre besorgen, die einen Außendurchmesser von 25 mm und eine Wandstärke von 2 mm haben. Wenn man sie nicht fertig auf Länge geschnitten bekommen kann, ist es sinnvoll, einen Rohrschneider (Handwerkzeug) daheim zu haben. Aber vorsicht: Die Rohrschneider aus dem Baumarkt sind meist nur für Kupferrohr geeignet. Rohrschneider für Edelstahl bekommt man im Fachhandel oder im Internet ab etwa 30 Euro für die günstigen Modelle. Beispiel: https://www.rosebikes.de/birzman-ftc-rohrschneider-2666412

Es gibt auch Anbieter im Netz, z.B. auf eBay der Verkäufer “rundumedelstahl_de”, die Komplettsätze an Rohren für die gewünschte Größe des Arbeitsbereichs anbieten. Ein Satz fertig konfektionierte Edelstahlrohre schlägt dann mit Versandkosten mit etwa 90 Euro zu Buche. Link: https://www.ebay.de/itm/313322663610

Für den mechanischen Aufbau sind natürlich auch Schrauben, Muttern und Kugellager notwendig. Auch hier kann bzw. sollte man sich an der Projektwebseite orientieren:

  • 46x M8x40 Außensechskantschraube DIN 933
  • 46x M8 Sicherungsmutter DIN 985
  • 65x M5x30 Linsenkopfschraube DIN 7985
  • 65x M5 Sicherungsmutter
  • 24x M3x10 Linsenkopfschraube DIN 7985
  • 10x M2,5×12 Linsenkopfschraube DIN 7985
  • 44x 608-2RS Rillenkugellager

Alternativ gibt es aber auch hier in Deutschland Komplettsets aus Schrauben, Muttern und Kugellagern zu kaufen. Beispiel: https://www.ebay.de/itm/MPCNC-Primo-Schrauben-Kugellager-Kit-Set-Mostly-Printed-CNC-A2-Edelstahl-/392982169143

Mit den 3D-Druck-Teilen, den Edelstahlrohren und Schrauben kann man anfangen, den Grundrahmen der CNC-Fräse aufzubauen. Es fehlen freilich nocch eine ganze Menge an Teilen, wie z.B, die Schrittmotoren, Zahnriemen, Elektroik, Kabel etc. Allerdings sollte man sich schon jetzt darüber Gedanken machen, auf welcher Basis (Platte) die Fräse montiert werden soll. Das ist notwendig, da die Fräse in sich nicht formstabil ist. Sie hat keinen geschweißten oder geschraubten Stahlrahmen, wie ihn Fertigmaschinen üblicherweise haben. Daher müssen die Füße auf einer Grundplatte montiert werden.

Übrigens: Wer sich eine Fräse aus Stahl/Aluminium bauen möchte, kann sich gerne einmal die Volksfräse von Uncle Phil ansehen: https://www.unclephil.de/volksfr%C3%A4se-vf1/

Die Größe der Grundplatte spuckt ebenfalls der Calculator aus und zwar abhängig vom gewünschten Arbeitsbereich.

Die minimale Größe der Platte beträgt also 1070 mm x 879 mm. Die Außenkanten der Füße sind dann exakt an den Außenkanten der Ecken der Grundplatte. Wenn man nicht gewillt ist, einen ganzen Tisch für die Primo zu bauen, bei dem dann z.B. unter der Platte die Elektronik und Spannungsversorgung untergerbracht werden kann, sollte sich jetzt überlegen, die Platte in beiden Richtungen um 5 cm größer zu besorgen. Das erlaubt es dann später eine Art kleinen Schaltschrank mit auf der Platte stehend zu montieren und hat obendrein noch an zwei Kanten Platz, 30 mm breite Energieketten (Schleppkletten) für die Kabelführung zu nutzen. Da ich mir noch nicht sicher bin, ob ich für die Fräse eine Tisch bauen werde, werde ich zuerst mal eine Platte besorgen: Größe (1070 mm + 50 mm) x (879 mm + 50 mm) = 1120 mm x 929 mm.

Die Grundplatte sollte nicht zu schwach gewählt werden. Eine 20 mm starke Multiplex- oder Siebdruckplatte sollte es mindestens sein. Solche Platten kann man sich in einem gut sortierten Baumarkt, bei einem Holzhandel, der Zuschnitt anbietet oder bei einem Onlinehändler für Plattenwerkstoffe besorgen, z.B. https://expresszuschnitt.de/Multiplexplatte-Birke-Multiplex. Am Beispiel des hier genannten Händlers die Preise zum Zeitpunkt 04/2021:

  • Multiplex Birke, 1120 x 929 x 21 mm: 82,31 € zzgl. Versand
  • Siebdruck, 1120 x 929 x 21 mm: 89,85 € zzgl. Versand

Die Versandkosten belaufen sich jeweils auf 34,95 €.

Wer bei einem lokalen Holzhändler einkaufen kann, kommt evtl. deutlich günstiger weg, weil die Versandkosten entfallen. Selbst der Kauf einer eigentlich zu großen Platte kann sich lohnen, wenn man sie daheim auf einer Tischkreissäge oder mit einer Tauchkreissäge auf das Endmaß schneiden kann.

Was sonst so an Teilen benötigt wird, um die MPCNC Primo zu bauen und wo man diese bekommen kann, folgt im dritten Teil der Serie.

Mostly Printed CNC “Primo” Teil 1

Seit längerem trage ich den Wunsch nach einer CNC-Fräse mit mir herum. In der engeren Auswahl war auch immer eine Stepcraft -2/D.840 (https://shop.stepcraft-systems.com/stepcraft-2-840-bausatz). Da ich aber bereits seit 2016 einen 3D-Drucker mein Eigen nenne, habe ich mich nach einer Selbstbaulösung umgeschaut. Dies verspricht geringere Kosten und gleichzeitig ein anspruchsvolles Projekt, mit dem ich überprüfen kann, ob eine CNC-Fräse das richtige für mich ist. Steigen zukünftig die Anforderungen, kann dann der Schritt hin zu einem Fertigprodukt gewagt werden.

Da kam mir ein Artikel in der c’t 6/2021 (CNC für alle, ab Seite 154) gerade recht. Der Redakteur hat eine Mostly Printed CNC (MPCNC) gebaut und darüber auf 7 Seiten berichtet. Ein Blick auf die Projektwebseite ergab, dass es mittlerweile eine Nachfolgeversion gibt (https://docs.v1engineering.com/mpcnc/intro/). Sie hört auf den Namen MPCNC Primo.

Eine MPCNC Primo (Foto (c) V1 Engineering)

Glaubt man den Ausführungen im c’t Artikel und den Berichten im Netz, soll die MPCNC für Holz-, Kunststoff und Aluminiumbearbeitung geeignet sein. Das klingt erstaunlich, da viele Teile der Fräse im 3D-Drucker entstehen. Insgesamt 53 Teile sind zu drucken zzgl. Teilen für die Montage des eigentlichen Fräsmotors. Welche Teile in welcher Menge zu drucken sind, findet man in einer Auflistung unter https://docs.v1engineering.com/mpcnc/PParts/.

Der Rahmen der MPCNC besteht aus Edelstahlrohren und diese sind in unterschiedlichen Teilen der Welt in unterschiedlichen Maßen zu bekommen. Für Europa bietet es sich an, Rohre mit 25 mm zu verwenden.

Bevor mit dem Druck begonnen werden kann, sind noch einige Arbeiten zu erledigen. Zuerst einmal werden die STL-Dateien für den 3D-Drucker benötigt. Man kann sie aus verschiedenen Quellen herunterladen:

Wichtig ist darauf zu achten, dass die Teile mit der Buchstabenbezeichnung “F” verwendet werde, denn diese sind für 25 mm Edelstahrohr ausgelegt.

Ich habe mich für den Download von Github entschieden. Wer sich mit dem Versionierungssystem Git nicht beschäftigen möchte, holt sich die Files aus einer der anderen genannten Quellen.

Sobald die Daten da sind, kann mit dem Druck begonnen werden. Betrachtet man sich die Teileliste
(https://docs.v1engineering.com/mpcnc/PParts/) fällt auf, dass die Teile mit A und B markiert sind. A entspricht dabei schwarz und B entspricht rot, also ganz so, wie auf den Fotos der CNC auf der Webseite des Projekts. Ich habe mich für A = weiß und B = orange entschieden.

Als Filament verwende ich PLA von Ultimaker. Der empfohlene Infill ist dabei 45%. Lediglich der Core – das größte Teil der Fräse – wird mit 70% Infill gedruckt. Meine Einstellungen im Detail:

  • Nozzle: 0,4 mm
  • Layer Height: 0,25 mm
  • Infill Density: 45%
  • Infill Pattern: Cubic
  • Print Speed: 60 mm/s
  • Build Plate Adhesion: Skirt
  • Printing Temperature: 200 °C
  • Build Plate Temperature: 60 °C
Die Druckeinstellungen in Cura

Ich verwende die Software Cura. Sie bietet unter anderem auch das Infill-Pattern Gyroid an. Laut des c’t-Artikels kann man in diesem Fall die Infill Density um 10 – 15% reduzieren. Wer es also eilig hat oder etwas Geld sparen möchte, kann zu dieser Kombination greifen.

Apropos Geld: Ich habe für alle 3D-Druck-Teile nachgehalten, wie viel Druckzeit (inkl. Heating up und Cooling down) benötigt wird, wie hoch die Stromkosten sind und was man bei Verwendung mit Ultimaker PLA veranschlagen muss.

TypMesswertKommentar
Druckzeit136 Stundeninkl. Heating up und Cooling down
Menge Filament
235 m
Kosten Filament
98,69 €A: Ultimaker Tough PLA: white
B: Ultimaker PLA: orange
Menge Strom20,36 kWh
Kosten Strom7,41 €

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob man nicht auch ein anderes Filament verwenden könne, als PLA. Ich habe teilweise auch zu Tough PLA von Ultimaker gegriffen. Ein Freund empfahl mir hingegen PETG. Doch das ist in diesem Projekt mit Vorsicht zu genießen. Es ist zwar stabiler als PLA, aber es ist nicht so maßhaltig. Der Entwickler des Projekts sagt dazu auf seiner Webseite:

Recommended Print Settings: PLA for dimensional accuracy (PETG is also acceptable, if your dimensions are verified good and you are willing to sacrifice some rigidity). Two or more perimeters for through hole strength. There are some steep walls so no more than 75% layer height to nozzle diameter. No support should be needed for any part I have designed.”

Das Programmfenster von Cura
Das Teil “Truck F Primo Mirrored V1” im Druck.

Mit den gewählten Druckeinstellungen geht es einigermaßen. zügig voran. Mit einer geingeren Schichtdicke oder einer feineren Düse wären die Teile hübscher geworden, aber darauf kommt es hier nicht an.

Eine kleine Auswahl der gedruckten Teile